
Und dann betrittst du über den Hinterhof der Postwendeapokalypse barrierefrei das Reich von Familie Haase am Brühl 26 und alles ist gut. Die Holzvertäfelung von 1994, der Tresenfernseheher, der ohne Ton das Programm von Radio Sachsen bebildert und der leichte Grundwassergeruch: Hier kann die Seele landen. Nach schwiegerväterlichem Demenztest, Reifenpannenreparatur für sagenhafte 67,82 € (Dank Fallpauschale ist die Krankenkasse nicht zuständig) und paardynamischer Schlechtwetterfront glätten sich mit Meissenwein, Karpfen Blau und Stammkundenverwöhnprgramm alle mentalen Bodenwellen. Ein Hoch auf die sächsische Gastfreundschaft und die ausgezeichnete Küche. Ein Hoch auf diesen furiosen Tag, der sich nun zur Ruhe bringt.

Vor der Tür steht „Urlaub im Alltag“. Drinnen praktische Böden in lichtgrau. Die unaussprechliche Concierge geht um 4 und morgens um 7 wird die Heizung entlüftet. Am Tisch das Schwiegerelternpaar in ihrer bestürzend hinreißenden Zerbrechlichkeit und der nicht verenden wollenden Hoffnung, morgen als jemand ganz anderes, ganz anderswo aufzuwachen. Als Prinzessin im Märchenschloss oder als ein Ungebundener, kräftig, mutig, jung. Die Angst in ihren Augen greift mir ins Herz. Und diese Sehnsucht nach einem ungebrochenen Leben, das auf der Strecke blieb.
