Autor: jotpunkt (Seite 7 von 21)

Sechzehnter Türchentag

 

Aus der anderen Welt
schaust
du
aus dem Fenster
unter dem Dach.
Christa. Meine Liebe.
Hast mich gefunden
Ganz sicher.
Vielleicht gar nicht mehr wackelig auf den Füßen
nicht mehr vorgebeugt.
Aber in blau.
Oder weiß mit einem Rosaton.
Du große Zuhörerin
vor der
das Herz sich auftut.
Du Raumhalterin
mit dem verschmitzten
Zug um den Mund.
Trösterin und Vertraute.
Großmütterliche Freundin
die ganz nebenher
große Dinge sagt
das mecklenburgisch gerollte R immer unter dem Gaumen.
So oft hab ich
unter deinem Nolde gesessen.
Blini gefrühstückt
oder Ragout fin aus der Büchse.
Einmal entfachte der Toast den Feuermelder.
Stunden
die wir nicht missen möchten.
Und eine Viertelstunde Glück
ist auch Glück.
Hier bist du wieder.
Schaust in mein Zimmer.
Ein bisschen kokett.
Einen Vogel auf der Hand.
Du fehlst mir jeden Tag.
Alles hat
einen Preis
hast du gesagt.

 

 

 

 

 

 

Fünfzehnter Türchentag

Bach und Buber.
Punsch und ein Wohnzimmer-WO.
Schließe
mein Herze
dies selige Wunder
aus tiefem Willkommensein
und künftiger Tenorkarriere
ganz ohne Notenkenntnis
dem schönen Sopran auf Socken
jauchzender Violine
und Bruder Hardl
in den Tasten.
Ja, ja.
Ja ja.
Glockenklar und plausibel
in deinem Herzen ein.
Sollt ich
das Sterben
 scheuen?
Nein, nein.
Nicht jetzt.
Nicht heute nacht.
Nicht
wenn sowas geht.

 

 

Vierzehnter Türchentag

Dass sie
von dem Sauerkohle
eine Portion sich hole
aufgewärmt
für einen Abend
an vertrauten Öfen.
Dafür nimmst du die
zweimalneunzig Minuten
gern
unter die Räder.
Gekommen
bist du eigentlich
um endlich wieder klar zu sehen
auch
was direkt vor der Nase ist.
Was bewegt wird
in Verbundenheit.
Miteinander.
Mit der Welt
und
sie besser macht.
Ganz gegenwärtig
hier
das Ferment der Liebe.
Die Maillardreaktion
ihrer steten Wärme
macht dich bekömmlich.
Zu einer Wohltat.
Macht
das Herbe in dir
süß.

Dreizehnter Türchentag

Die Vorfreude ist
ganz auf meiner Seite.
Den ganzen Tag schon.
Wie schön
wen
auf seiner Seite zu haben
Herr Gott
zu unsern Zeiten.
An der Gewürzmühle
und am heißen Herd.
Beim Kartonsuchen
und Postkartenschreiben.
Sieheda
mit eigener Hand.
Beim Erkenntnisgewinn
der Unwissenden
WodieBriefmarkedennnunhinmuss.
Beim Packen und Polstern.
Beim Erwarten
der Ankunft.

Zwölfter Türchentag

Das letzte Hemd
und auch
alle davor
auch die mit
dem Bärchenmuster
oder den Schwänen
zum Hintenzubinden
haben keine Taschen.
Leider auch keine
für die großmütterliche Kastanie
gut gegen Rheuma.
Leider auch keine
um die nutzlosen Hände
darin zu bergen
was die Anatomie ja ohnehin
zu verhindern weiß.
Leider keine für Kleinvieh
das auch Mist macht
oder den Schatzfund
vor der Waschmaschine.
Nur ein Hemd.
Ein Kleid.
Ganzohnewas.
Einenahtlinkseinenahtrechts.
Aber bereit
alle Kurven nachzuvollziehen
die das Leben einschlug
in dich.
Bereit die nützlichen Hände
freizulassen
in das was so geht.
Bereit
den Wein
nicht aufzusparen
für morgen
und sich doch
für dieses Morgen
waschen und trocknen
zu lassen.

Elfter Türchentag

Wenn dich
der Mut verliert
du ihm
aus der Tasche
gefallen bist
heimlichstillundleise
dann
wird er dich vermissen.
Dann geht er
dich suchen.
Ganz bestimmt.
Er kommt zurück.
Er will nicht
dein Verlierer bleiben.
Verlass
dich drauf
und dein Zagen
banne
was dich ängstet.
Sei
wie es sich
füglich schicket
behoben
hoch hinauf
in seine Hand.

Zehnter Türchentag

Einer stellt sich.
Ganz.
Breitet die Arme aus und ist da.
Einer stellt sich
dem harten Bett im Stall.
Dem Weichenmüssen.
Dem Keinenortfinden.
Dem Projektionsfläche sein zwischen Stern und Stroh.
Einer gibt sich her
und ist da.
Ausgerichtet am Strahlen seines Wohins.
Ausgebreitet zum Sein
in aller Welt.
Angewiesen.
Tun
was er sagt
müssen wir.

Neunter Türchentag

Und dann zeigt sich
unter der matschigen Schneeschmelze 
der Knoten im seidenen Taschentuch 
der dich erinnert 
an einen glücklichen Sommer. 
Einen unter Regenbogenzelten
Monden
Sonne
einem Dach überm vierten Stock und Menschen
wo das Herz zum Festmachen
längsseits kommt.
An einen Sommer
über glitzernden Wellen
und linden Gräbern
tanzend zwischen
Kino
Bingo
Buchgestöber
Spinatknödeln
Muskateller
theologischen Gesprächen
und Aviation.
Soll der Schnee
matschen.
Soll Unbill und Corona wettern.
Der Advent scheint hell.
Und sei es von Juli her.

Achter Türchentag

Rot
ist nicht gleich rot.
So wie Tag nicht gleich Tag
und Nacht nicht gleich Nacht
und Leben nicht gleich Leben
ist.
Und das Erwartete
nicht immer
dem entspricht
was du erwartet hast.
Manchmal ist da mehr.
Manchmal nicht.
Manchmal ist weniger.
Und weniger .
Aber auch etwas ganz anderes.
Ein anderes Rot.
Dessen Definition in deiner Hand liegt.
Und im Auge der Betrachterin.
Die Antwort gibst du.
Rot ist nicht gleich rot.
Der Deutungsraum
ist Begegnung.
Ist Wort und Widerwort.
Ist zusammen
im Verschiedensein.

Siebenter Türchentag

Und dann
gibt es Momente
wo das Licht
den Rand des Horizonts sprengt.
Den Rahmen.
Den Saum der Welt.
Den Raum
in dem es dunkel wäre
ohne.
In dem
Schnee auf den Zweigen liegt.
Den Raum
dessen Nebenan
wohlmöglich
von einem anderen Licht bewohnt
seine Strahlen vorausgeschickt hat
in die Begrenztheit deines Gartens.
Wohlweislich
dass du sie brauchst.