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Siebter Dezember : Siebter Türchentag

Blaukraut bleibt Blaukraut
und ist doch brautkleidschön.
Gewebt
gerüscht
gefügt
wie Plauener Spitze.
So sind wohl
manche Sachen
die unsre Augen
dann erst sehen
wenn sie aufgeschnitten
in ihrem Inneren bloßgelegt
und der Verletzung preisgegeben
sind.
Wenn
durchschnittlich ermittelt
ist was
unzertrennlich
war bis eben
und nun unwiederfügbar
gespalten
und offenbar wurde.
Nämlich
das Geheimnis des unentwegten
Umeinanderherum.
Der Reigen des Durchdickunddünn.
Spiralig
immer auf Achse
zu wachsen
ineinander
miteinander
aneinander geschmiegt.
Umeinander
bemüht
dass auch kein Blatt dazwischengeht.
Um sich
vielleicht
wenn du nicht gekommen wärest
mit der geschwungenen Klinge
deines Scharfsinns
und
wenn deine Augen
hätten sehen können
ohne zu sehen
eines schönen Tages
ganz von allein
aufzufächern
zur Blüte
und
bestenfalls aufs Schönste
brautbekleidet ganz aus sich selbst
sich zu vermählen
mit einem flüchtigen Gast
und zu bleiben
immerneu und immerdar.
Aber eben auch
gallebitter und ungenießbar.
Alles
hat einen Preis.

 

Nikolaus : Sechster Türchentag

Manchmal ist auch
einfach alles okay.
Und jetzt mal wirklich.
Manchmal ist
eine Nachricht auch gut.
Manchmal ist
einfach Miss Marple und Füße hoch.
Manchmal ist
gut gemeint in echt
auch richtig gut.
Manchmal scharrt
die Katze ihren Haufen auch zu im Klo.
Manchmal fällt
dein Brötchen auch
auf die Habenseite.
Manchmal
hast du auch
in ungeputzten Schuhen
Schätze wo du Steine erwartet hast.
Manchmal weht gerade mal
ein laues Lüftchen
über deiner stürmischen See.
Manchmal wird etwas heil
wenn es entzwei geht.
Und manchmal
vergisst du
dass manchmal
ganz schön oft ist.
Ganz schön oft
beginnt etwas neu.
Ganz schön oft hast du
etwas noch nie so gesehen
wie jetzt.
Ganz schön oft
ist mehr da als du denkst.
Ganz schön oft
reicht es
hinten und vorne
für alle.
Ganz schön oft
ist der Fels in der Brandung
an dem mein Verzweifeln
sich brechen möge
ein Dank.

Fünfter Dezember : Fünfter Türchentag

Kurz
mal ausgeschlafen
und schon
sind die Sterne
längst aufgegangen.
In der Dämmerung.
Und in der Stube
von Frau Thielke gegenüber.
Und seit geradeerst auch im Dom.
Wofür fast
schnapsideealistisch männerkreisgestützt
hätte gekraxselt werden sollen
bis in die höchste Laterne.
Im Ehrenamt.
Na klar.
So bunt ist unser Glaube
und so halsbrecherisch.
Fest.
Auch über Leitern und Stege
und bei Pommerschem Horizontalregen.
So lange die Erde steht
soll nicht aufhören
unser Griff
nach den Sternen.
Aber dann
Vernunft sei Dank
oder der Hand des Herrn
die ihnen wohlmöglich als Backpfeife
im Schlaf erschien
egal
jedenfalls oh Wunder
nahm der Herrnhuter
einen anderen Weg.
Nicht bis ganz hoch hinaus.
Erdnäher als gedacht
grüßen wir einander nun
hinauf und hinüber
hinunter und hinauf
eingedenk all unserer Geschichten
bis Lichtmess
im Dreieck
und zurück.

Vierter Dezember : Vierter Türchentag

Der perfekte Teemoment.
Ganz knapp
zwischen
nochzuheiß
äpmdäpmdä
und geraderichtig
mmmh.
So oft verpasst.
Schneller vorbei
als du gedacht kannst.
Jedes Mal.
Aber wenn du ihn erwischst
morgens
auf der Bettkante
zwischen Kopfüberinhalat
und Bad
das erste Mal senkrecht
kommt dir voll umfänglich
die Welt entgegen.
Bringt alles zusammen und dich mit allem in eins.
Wohlwollend
und mit Aussicht
auf ein gutes Heute.
Dem Dampf entstiegen.
So wie du
gleich
von oben bist unten.
Freundlich. Köstlich. Frisch.
Perfekt.
Aber auch
ohne Kompromisse.
Rien ne va plus.
Was bleibt ist eine ungeliebte Pfütze. Pupslau. Verheißungsarm.
Sicher.
Neue Chancen wird es geben.
Aber nie wieder
jetzt
über dieser Tasse
an diesem Morgen.
Vorbei ist vorbei.
Versäumt ist versäumt.
Zu spät ist zu spät.
Doch
dem Himmel seis
getrommelt und gepfiffen
noch nicht
für immer.
Next try
next morning.
Solange wir leben.
Das ist Gnade.
Hätte
Christa gesagt.
Mit Siegerinnenlächeln
und wie St. Barbara
immer eine Blume im Ärmel.

Dritter Dezember : Dritter Türchentag

Wenn
ein Name
eine Farbe hat
und deine Herkunft
einen Duft.
Wenn der Dampfentsafter sich erledigt
abersowasvon
und Musselin windelweich das Rennen macht.
Das Rinnen
bernsteinstrahlig
sachte sachte
wie ehundje.
Wie bei Muttern und Großmuttern und Vaddern natürlich.
Wenn ein Herbst leuchtet
bis in den Advent.
Und wenn eine Frucht
ist
wie eine Pastorentochter.
Am Ende gar nicht hart wie Stein
und sowieso
die Schönste von allen.
Erblüht in Samt und Silber
spät
als Botin
des Paradieses
in jedem aber auch jedem Pfarrgarten Mecklenburgs und Pommerns
und der Börde und weißderhimmelwonoch.
Dann ist Quitte.
Dann ist Ewigkeit jetzt.
Dann streckt meine Seele
die gewärmten Füße aus
unter ihrer Decke
aus gelbem Zuhause.

Zweiter Dezember : Zweiter Türchentag

Wer
macht es warm
Väterchen
wo kein Rauch
kein Feuer
keine Kohlen
sind
um sie zum Fenster
rein zu werfen
aus schweren Säcken
geschultert auf Rücken
die was abkönnen
ganz schwarz
über dem ehemaligen Blau einer Jacke
und krumm darunter?
Damals
wo anscheinend nie
so ganz klar war
wann und wie es kommt
das schwarze Gold.
Und dann hatten doch alle Zeit.
Das ganze Dorf um Nikolai.
Mit Karren und Eimern.
Ruß im Gesicht.
Ganz weiß die Zähne darin
im Hauruck und im Glück
vor lauter Vitamin B
beim Handel
wo du dich nicht hast verkohlen lassen
Väterchen
sondern gesorgt hast für einen warmen Winter
der glucksend
durch die Rohre fuhr.
Wo du jeden Morgen früh als erstes in den Keller gestiefelt bist
durch die eiserne Luke.
Dabei war ich nie. Gehört hab ich dich immer.
Väterchen.
Wer nun?
Du
machst es warm.
Heute.
Mit Selbstgebundenem.
Auch wenn die Heizung
mal wieder
kalt bleibt.
So wie jedes Jahr um diese Zeit.
Immer irgendwann. Das ist sicher.
So wie das Herz der Hausverwaltung.
Und das wo keiner mehr einen Ölradiator stehen hat.
Schön blöd.
Weil doch nichts so gut duftet. Trostvoll und ein bisschen ungesund.
Und dann.
Wer weiß woher
lässt sich ein ausgebuchtes Klempnerherz erwärmen.
Vielleicht
Väterchen
von wegen Corona und muskelkrank und so.
Aber
und ich glaub es fest
wohl doch von einem Licht zum Advent
das wundersam hinauf- und hinabfuhr
als dein Gebet.

Erster Advent : Erster Türchentag

Machet
die Tore weit
dass die Sonne einziehe
königlich
gülden durch Staub und Mühe
sich verfange
in deinem Haar.
Mit Glanz und Gloria
dein Unbehaustsein auskehre
aus
deiner Seele.
Ihr eine Bleibe sei.
Die Sonne
von deren Aufgang bis zu ihrem Niedergang
gelobet sei
der da kommt
nämlich
sanftmütig
und macht
alles neu. Hosianna.
In der Höhe und in den Niederungen
meiner Schwachheit
lege ich mich
der Hoffnung
auf den Weg.

Sei

Sei eine
bewegliche Klinge.
Die trennt
was dich trennt
von dem
was wahr ist.
Und klar
weiß sie doch genau
was dich gehalten und gestützt hat
aber auch wie du
bis auf die Knochen
beschämt werden konntest
wenn du aus der Reihe
getanzt bist.
Aber jetzt
ausgelöst in Hingabe
nicht mehr.
Jetzt darfst du
dich aussetzen und wachsen am nackten Wagnis
das Kostbares vom Verknöcherten
zu scheiden.
Dich zu lösen vom Erwarten
dich entpuppen
den Kokkon
zerschneiden.
Mit präzise geführter Hand
frei werden
mit dem Unerwünschten
und dich herausschälen
mitunter
weit im Gesunden.
Ohne Schmerz
ist da nichts zu wollen.
Nichts ohne die Notwendigkeit
sich zu nähren in Demut
eingedenk aller Opfer
die kaum
mit einer Wahl daherkommen
aus deiner Geschichte. Und der Geschichte aller.
Bitte mit Nachdruck
auch für das Versäumte
und um Versöhnung mit dem Bösen
das sich sehnt
nach dem Licht
des Einschnitts ins Gewohnte.
Man sagt
singt die Kluge
Liebe
sei ein Messer.
Es liegt
in deiner Hand.
Trifft die Seele.
Und dass unterm Schnee
singt sie
die Blumen
die noch schlafen
Rosen sein werden.
Wie je.

Bernardka

Slowenische Bergin
in deren Armen
warm und sicher
eine Höhle auf dich wartet.
Die dir
eine Coronaabklatschfaust entgegenstreckt.
Die für dich wacht
und wieder aufsteht.
Die sich in den Wind stellt
und
wenns sein muss
deinen Teller leer isst
wenn dafür
ein Tier sterben musste.
Die möglich macht
was nicht geht.
So wie du.
Dich begleitet
durch
alle Aufsundabs.
Die
hungerkünstlerisch
mit Bleifuß jeder Autobahn
den Blick über die kalte Schulter zeigt.
Ray Ben auf der Nase.
Alles entspannt.
Alles aufm Schirm
und unter einer Mütze.
Die mit
der Handwurzel das Lenkrad dreht
zum
Rückwärtseinparken
als Coolnessqueen
mit der Riesinnenhaut
und dem Vogelherzen.
Tetrismeisterin.
Wünschelrutengängerin
am Absaugschlauch.
Schnelllernerin
am roten Topf
mit Tausendeinhundertnachtgewürzen.
Ottolenghi sei Dank.
Südensehnsuchtspatriotin.
Augustinebuddy.
Cabanossigarantin.
Brausefreundin.
Überstundenheldin.
Sichere Bank.
Bernardka.
Du Goldwerte.
Du liebes großes Herz.
Möge all dein Segen
für diese Welt
dir
ein warmer
Regen sein.
Und tausend Dank
dir
den Rücken stärken.

Siebenunddreißigster Türchentag

Unter dem Schiff
sitzen
das übers Meer
des Getrenntseins
trägt
von Gott und der Welt
von dir selbst
deinem Jetzt
deinem Gestern und Morgen
das Wogen schlägt
bis an die Kehle.
Im Bauch dieses Schiffes
das dir
Dach und Schild
ist
Geborgenheit
Spüren
und das Licht des Sterns
aus den Wurzeln
des Himmels
über dir.