Danke lieber Gott dass du die Meere rauschen strömen wallen lässt sich überschlagend tosend und wenn auch ganz still immer in Bewegung. Steigend fallend mondgebunden um Welle für Welle sich rein zu waschen durch die kleinen Leiber derer die sich festgemacht haben miteinaneinander durchlässig und konsistent das schillerde Innen gut verborgen unter der harten Schale ein zartes Organ das sich zu öffnen wagt. Für den Preis einer Perle. In ihnen rauscht das Meer. Lausch hin. Und steckt das beste Eiweiß für die muskelkranken Muskeln. Danke lieber Gott.
Jetzt haben wir den Salat. Der böse dunkelblaue Hartgummihandtrainer hält sich hartnäckig in meiner frisch geweckten Erinnerung und geht nicht mehr weg. Hartherzig und unerweichlich. Und ich frage mich wer da die überaus blöde Idee hatte mich ohne jeden Mehrwert und bis zur Erschöpfung immer wieder erleben zu lassen was nicht geht. Und wer wohlmöglich gegen die eigene Ohnmacht an sich vorgenommen hat zu glauben dass Training meinen Muskelstatus verbessern könnte. Und ob daher wohl die Abneigung rührt gegen jede Art von training. Weil es doch ganz im Sinne des auf eine zu Boden gegangene Schnapsflasche blickenden Kapitäns in Miss Marples Mörder Ahoi „Eine Verschwendung. Was für eine diabolische, Verschwendung“ ist die Kraft Muskelkranker für etwas so Unnützes wie Trainingsgeräte zu vergeuden. Statt viel besser für eine Handschrift. Ein Gemälde. Ein Strickwerk. Geschnibbelte Bohnen oder eine gepellte Rote Beete von der sich die Haut nach dem Kochen so wunderbar abflitschen lässt. Oder eine selbstgeschmierte Abendbrotstulle. Ein Riesenappetitbrot mit Schinken und Käse und allem was man sich so aus dem Kühlschrank bringen lassen kann. Vielleicht ist es der Muskelkranken Eigenart mit dem was da ist was zu machen solange es geht. Als gäbs kein Morgen. Und doch habe ich bei aller Verweigerung es nicht vermeiden können zu üben. Und sei es. die Zumutungen der Welt auszuhalten. Zum Beispiel die der ungeheuerlichen Frau Hoyer in der Behindertenschule
unter deren real existierender Konsumkrause leider nicht so viel los war im Oberstübchen und der ich achtjährig erklären musste dass in meinem Fall „Beine über die Stange und üben, üben, üben!“ gar nichts bringt. Zu lernen dass ich sterben werde. Aber doch noch nicht gleich. So wie Birgit aus dem Bett nebenan. Und woher sollte ich das wissen? Birgit die auf einmal über Nacht nicht mehr da war. Die wie es schien ganz folgerichtig erstickt war an ihrer soundsovielten Pneumonie. Und genauso wenig habe ich es vermeiden können zu trainieren. Zum Beispiel Toilettengänge zu vermeiden. Weil niemand da war. Oder stundenlang auf sich warten ließ. Behinderte Kinder werden nicht immer in Watte gepackt. Ist auch gut so. Du siehst und hörst besser. Kannst dich besser stoßen an den Ecken der Welt. Und sie dich spüren lassen. Du hast weniger Fusseln zwischen den Zehen. Dafür wachsen die Haare auf den Zähnen ganz von selbst und umso besser. Weil da niemand hinter dir steht und du dich meistens allein verteidigen musst gegen Mitleid Zuschreibung und Unterstellung. Das war meine Torwand. Das war mein Springseil. Das waren meine Klimmzüge meine Kniebeugen und mein Balancieren auf dem Schwebebalken. Alles durch und durch verhasst. Aber darin bin ich fit für Olympia.
Wenn alles Gute zusammenkommt ist sie nicht weit und das beste für Leib und Seele. Dann hat ein langer Arm vielleicht schon seit Anbeginn der Zeit die Wege verflochten in einen safranduftendsonnengelben Strom aus bester Freundinnenschaft die sich die Hand hält und die Treue und was sie verspricht und die weiß was eine stabile Frikadelle wert ist zur rechten Zeit. Die wartet und dann doch anklingelt und lauscht und imgrundeschongewussthat was im Argen liegt. Und was auf der Hand. Nämlich dass sie all deine Wege mitgegangen ist. Und dass du sie so gern aus deinem Bad kommen riechst. Die Retterin deiner Haut. Dass da diese eine so wacker zu dir steht. Auch im Unverstehen. Auch im Unerfüllten. Auch aus der Ferne die so nah ist mit ihr. Ohr an Ohr. Gar nicht immer bilanzierend. Aber schon auch. Mutig vor dem Spiegel in ihr und der Resonanz ihres Herzens.
Nach Süden nach Süden wo du schon viel zu lang auf dich hast warten lassen. Wo sie langsam drüber wegsterben und Patrizia im Circolo sich fragt „Dove e Claudia? Wohin der Mitgliedsausweis von der Rondinella del Torrino in deinem Portmonee gefährliche Wellen machend mit den Flossen schlagend droht auszureißen. Nach Süden wo die Zitronen blühen und jetzt gerade Saison haben so wie hier die Sehnsucht nach Sonne. Die Sehnsucht danach endlich endlich wiedermal morgens früh zum Beispiel ohne Dusche weil du sonst den Moment verpasst wenn alles noch ganz frisch ist in einem Olivenhain zu stehen zwischen all diesen kleinen winzigen zarten orangegelben Miniringelblumen unter den kleinen pelzigweißen zuckersüßen Blüten der Olivenbäume filigran und jung wie das Jahr und doch aus uraltem Holz gesprossen duftend und surrend auf einer rotbraunen aufgebrochenen Erde Tuschkastenerde. Gebrannte Siena. Die noch feucht ist noch kein Staub wie bald und von der du denkst: Von dir bin ich genommen. Zu dir will ich werden.
Die größten Gedanken besten Ideen schönsten Einfälle lassen sich nicht zwingen. Selbst wenn du es l noch so sehr wolltest. Das zermarterte Hirn springt dir aus der Hand weg wie dieser hässliche blaue Hartgummiring damals mit dem Übungen gemacht werden sollten. Und der unbewegt blieb bis zur Erschöpfung. Höchstens wegschnippte und runterfiel. Der vor allem komisch roch und ein schlechtes Gewissen gemacht hat während er in der Ecke lag. Während du dich jedenfalls genau so noch fokussiert auf dein Defizit um den großen Wurf mühst und sich nichts bewegt kannst du ja immerhin schnell mal zähneputzen. Und dann passiert das Wunder. Im abgeschlossenen Raum deines Schädels während du vom elektrischen Sirren taub ohne Brille blind und ohne Hand am Hebel lahm bist dass auf einmal der schönste Gedanke sich denken lässt erstaunlich ganz ohne Druck und traurigblaue Trainingsringgedanken purzelt. Dass eine langersehnte Lösung sich findet. Dass sich was bewegt. Vielleicht ja nur vom Überschall der Bürste. Mag sein. Und wenn schon. Ist doch gut. Solange bloß die Inspiration einfällt in die Schädelstätte deiner Schläue über kein Knie gebrochen bis ins Herz.
Und dann trostpflastert ein Schleifstein deinen Weg. Ganz unverhofft erblüht im Grauingrau. Auf dem harten Boden der Tatsachen. Unverschämt rosa in unwegsamem Gelände wo es dich schüttelt und alles was du so dabeihast. Wo du Berg hinan nicht ein noch aus weißt aus den Fugen. Da legt sich dir einer vor die Füße der dir die Sinne schärft dafür das zu sehen was auch noch da ist. Unscheinbar anscheinend unnütz. Paradox. Den einen ein Ärgernis dir eine Hoffnung für deine eigenen Kurven und Verknotungen. Einen der sagt es ist nicht so schlimm auch mal was schleifen zu lassen. Denn manchmal erfährst du die Wahrheit erst in der Zuspitzung. Einen jedenfalls der dir ein Innehalten schenkt. Und eine Zuwendung des Herzens.
Die Liebe braucht kein warum. Kein darum. Kein weil. Die Liebe braucht die Freiheit sich gefunden zu wissen. In deiner Geschichte. Tanzend. Auf roten Fliesen. Wenn es dunkelt schon in der Heide. Zwischen lauter alten Möbeln. Mit einer Hängepflanze drauf. Singend. Flötend. Von Piccolo bis Bass. Mit Akkordeon und allem was mit uns auf Kaperfahrt gehen will. Zu gekochten Eiern und Toast Hawaii. Ein freundlicher Raum. Ein Feuer. Platz nehmend im Leben. Für immer. Weil es gut ist so. Weil zwischen Syrakus und Rostock das Herz hier ganzgenau hier in diese altrosa Fachwerkmauern sich hinzieht zu bleiben. Wo man dir Zeit schenkt und einen Namen. Wo es so viel Wärme und Wohlwollen gibt. Fragen. Erinnerungen. Ausblicke. Und nach dem Stollen Käsebrote. Wo wir hinaufziehen nach Jerusalem und jemand den Stein schon fortgewälzt hat damit wir das lebendige Leben teilen auch mit allen die nicht mehr da sind. Und doch noch. Und uns mitteilen was ist und was war. Da wo einst mit Frau Wieck die Kurrende sang „Wann und wo wann und wo sehn wir uns wieder und sind froh“ und die großen Jungs sangen „auf dem Klo“. Da also wo so viel zusammen kommt Wo Sprache ist. Wo Worte wie Brot sind. Und ein tiefes Lauschen. Da also da nehm Jesu Wacht euch in Acht.
Wenn Ordnung das halbe Leben ist also das Leben also ist und nicht sein soll sondern gegeben ist als Geschenk uneinnehmbar wenn nicht empfangen weil es sonst wenn es wirklich das Leben ist sterben würde wenn also Ordnung Leben ist dann ist sie. Von Anfang her gewesen. Dann muss sie nicht geschaffen werden. Dann ist sie schon da. Und dann ist es an uns das Sediment abzutragen und die Welt zurückzubringen zu den Gegebenheiten. Vielleicht. Wenn da nicht die andere Hälfte wäre. Das Chaos. Die Unordnung. Der ewige Antagonist. Den es braucht. Nach dem alles Sortierte sich sehnt und strebt. Die Auflösung. Die Zerstreuung. Der Zerfall. Damit wir immer neu als dem Zyklischen Unterworfene die Kraft der Schöpfung an uns spüren. Die uns und alle Kreatur jeden Staub und jeden Stein
vergehen lässt und unerschütterlich neu formt und webt und bildet. So ist wohl ohne Unordnung keine Ordnung. Ohne Durcheinander kein Nacheinander. Kein Aufeinanderzu. Ohne trübe Suppe kein Es werde Licht. Ohne Tohuwabohu kein Siehe es war sehr gut.
Da fällt die Zeit gestutzt zu deinen Füßen. Und alles was dir wurde mit ihr. Alles was ob Schreck ob Schmerz ob Wonne sich in ihr aufhob. Sich einschrieb in die Medulla. Was sie vielleicht sogar gespalten hat und was so viel verraten kann über dich. Umwölkt hat sie dich. War dir mal Freund mal Feind. Mal Zier mal Last und am Ende ein Ärgernis. Als sie sich hat verlocken lassen. Um den Finger wickeln. War manchmal verlegen was dir den Nerv geraubt hat und stand dir gar nicht mehr so gut. Und wenn dann zu Berge. Und wenn dann zu Berge. Im Frühtau sowieso. Da stehst du nun per Shortcut ihrer entledigt. Verjüngnt. Versilbert. Mehr duselbst als gradenoch. Wohlauf. Wohlan. Frisch. Bereit für jede Hand die dich beim neuen Schopfe kosen will. Und neu den Winden ausgesetzt. Und allem was deinen Ohr entgegenstehen wird. Und auch wieder neu ihrem Wachsen und Werden. Was wohl kommen wird wenn sie sich nicht das weißt du nie verdünnisiert. Vielleicht deshalb schau sie kringelt sich vielleicht vor Lachen mag sein auch und das spürst du jetzt weil sie dir als sie fiel nachhaltig ihre Spuren legte. Dir in die Augen sticht und überall hinein. Weil sie als ein Vergissmeinnicht als Splitter nadelspitz sich finden lässt auf deiner Haut.Weiterlesen
„Bitte alle einsteigen.“ Ruft der levrierte Liftboy bevor er den messingglänzenden Knopf drückt. Nächster Halt 1982 mit dem Erinnerungsfahrstuhl der über einem Schinkenbrot mit Räucherpute angeschwebt kommt. Weil sich hier mal wieder ein Kreis schließt. Oder auch nicht. Sondern offen bleibt und einen Looping dreht. Wenn auch nicht gespuckt wie von Lukas dem Lokomotivführer aber doch im Kreis sich öffnend zwischen Fleischerei Hühndorf in Halle wo man die Putenlende als Goldstaub vor Weihnachten vorbestellt und beim Abholen über den Tresen gebeugt konspirativ wispert und Frau Erkelenz die ganzgenausolche Räucherlinge unter ihrem Ladentisch hervorholte in der Geflügelschlachterei in Loitz. Bückware heute wie damals schräg gegenüber vom Fischladen. Wo ich zweimal die Woche nach der Physio bei Frau Spierling im Ambu auf dem Weg nach Hause in die Hausmannstraße 7 ein Würstchen auf die Hand bekam. Nach einer dürftigen Mischbrotstulle mit in die Löcher gekratzter Rahmbutter und irgendnem Gelee die es morgens vorm Losgehen schnell schnell noch am elterlichen Frühstückstisch gegeben hatte und den isometrischen Spannungsübungen ausgehungert hatte ich von Tagesmutter Gisela einzig für diese Abholwege eine Kindergartenpausenbrottasche mit Drehverschluss bekommen. Mehr als Deko. Aber mehr Kindergarten gabs ja auch nicht für mich als aus dem sozialistischen Wettbewerb aussortiertes Kind Der fand immer schön in Reihe hüpfend und schon von in Wollpryla bestrumpfhosten Kindesbeinen an für mich nicht statt. Gottlob. Dafür war für mich E-Rollifahren auf Giselas Schoß inklusive. Kullerkartoffeln. Strickenlernen und dabei lesen kopfüber in Fraktur Nesthäkchen Heidi und co. Und die Vormittagswiederholung von Willi Schwabes Rumpelkammer oder einem Kessel Buntes. Geflimmert aus der Anbauwand gleich unter dem Schokoladenfach. Gisela du Zauberin. Immer wie aus dem Ei gepellt gerne mal im Dirndl rechts neben mir mit klappernden Nadeln ohne Hingucken oder höchsten mal ganz kurz um das Muster abzuzählen in einem Affenzahn. Die schweren Poliobeine hochgelegt auf deinem Sessel in der Ecke. Immer mit 150prozentig guter Laune. Laut. Deine schönen Zähne zeigend. Wo du wohl deine Traurigkeiten hinversteckt hast frag ich mich heute. Deine Angst als die Krebsdiagnose fiel. Nachdem sie dich ein halbes Jahr auf Nierenbluten behandelt haben. Ohne dich einmal zum Gynäkologen zu schicken. Frauen mit Behinderung haben keinen Unterleib. Höchstens zum Wasserlassen. Mit so viel Zumutung hast du gelebt. Mit Zuschreibung und Schmerz. Ich hab so unermesslich viel von dir gelernt du Glücksumstand. Du Wegbereiterin. Du sichere Bank. Hast mich genährt und gelehrt. Dass es immer mindestens einen Umweg gibt. Dass ich einen Mund hab zum Reden. Dass ich ein Recht habe zu gestalten. Und der Welt zeigen kann wie. Was meine Hände können und mein Geist. Und dass immer was geht. So viel hast du mir beigebracht. Und doch das eine nicht. Nicht mein Anderssein zu betrauern. Mir zu gestatten mich ausgeschlossen zu fühlen wo das doch an der Tagesordnung ist. Das hast du nicht. Um mich jedoch auch da zu trösten. Durch deine bloße Existenz. Mit dem Luxus einer Extrawurst jeden Dienstag und Donnerstag. Bock oder Wiener. Wie ich wollte. Meistens musstest du den Rest aufessen. Und mit einem Schinkenbrot in Häppchen geschnitten. Das Wiederkehrt. Das auftaucht und den Aufzug ruft nach 1982.