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Zwischen Sowohl und Alsauch

Wen die Götter lieben
denen schenken sie einen
frühen Abend der Vorahnung
zwischen Gräbern
und im Frieden der Toten
unter einer sanften Sonne
mit Gelbem Muskateller
und einer tiefen Zufriedenheit
die doch immer
den Tellerrand im Blick hat
von dem es sich 1 A abstürzen lässt.
Das Ende des Jetzt.
Das ein Weh hineinlässt
ins Herz.
Und die ganze Sehnsucht.
Vielleicht ein Bisschen hinterhältig
sogar.
Mit dem illegalen Zweitschlüssel aufgesperrt.
Und dann sind da auf einmal
im Schatten eines Pianofortefabrikanten
die Verbundenheiten
und das große Vermissen
und die ganze Liebe
die gar nicht reinpasst
und das dringende Bedürfnis Durchhaltesuppen zu kochen
und zu verschenken
und Menschen neben Kirchen zu besuchen
die zwar
dauernd im Herzen sind
aber trotzdem fehlen.
Und an einem Freitag zu schauen
was der Markt so zu bieten hat
und seelsorgend geborgen zu sein
in Freund Helmuts Gegenwart
in einem Kaff an der Ostsee
die eigentlich gar keine
und bloß brackiger Bodden ist.
Wen die Götter
lieben
die spannen sie
wie Amors Bogen
auf
zwischen Sowohl und Alsauch.

 

Heimlich Feuerlöscher

Wenn es brennt
und gerade mit dir
niemand rechnet
keiner dir etwas zutraut
nichts von dir erwartet wird
weil der Helm für deinen Dickschädel immer schon zu klein war
weil du ein Angsthase bist
oder du an den Schulungswochenenden immer etwas anderes vorhattest
weil du nicht weißt
wo links und rechts
und schon gar nicht was ein C-Schlauch ist
und
weil du eigentlich doch immer die bist
die Öl ins Feuer gießt
und in die Glut bläst.
Wenn sich also alle ganz sicher sind
dass es bei dir sowieso keine Rettung gibt
dann kommst du.
Aus der Ecke
in die sie dich gestellt haben.
Mit 2 kg Kohlendioxid.
Ziehst die Sicherung und bist da.
Gar nicht mehr heimlich.
Aber unheimlich cool.

Gehen und bleiben

Die Poesie
des Verlorenen
spricht
in Worten und im Schweigen
mit trockener Kehle und
in einer Sprache
die du nicht kennst
aber verstehst
und deren Weg
zum Leben
unter deinen Rippen
mäandert zwischen
Scharfsinn und Verklärung
Mut zur Furcht vor der Erinnerung
und der süßen Gewissheit
dass das Unwiderbringliche
dein ewiger Besitz und
steter Begleiter sein wird
zwischen dem Trost
einmal ein Kind gewesen zu sein
und dem Schmerz
ebendieses Kindes.
Die Poesie des Verlorenen
schürft wie das Meer
und der Sturm
das Land von Ufern
und findet dich
wo du dich nicht gesucht hast.

Es ist nicht zu spät

Und dann kann es sein
dass du zu lange gewartet hast.
Dass deine Idee
alt geworden ist.
Dass es sich nicht gelohnt hat
Räume für sie zu öffnen.
Weil du zu viele Jahre an ihnen herum gedacht hast.
Weil das Leben weiter gegangen ist
und auch gar nicht schlecht
und du nicht die Kraft gehabt hättest.
Aber vielleicht hast du auch vor der Tür gestanden und gewartet
dass sie aufgeht.
Dass jemand anderes
es wagt.
Und es ist nicht passiert.
So bleibt
Vielleicht
bevor du gehst
eine Vision.
Eine Hoffnung.
Ein Raum
der gestaltet werden möchte.
Und jemand
die sagt
dass es nicht zu spät ist.

Am Ende aber

Am Ende aber
bleibt
ein Herz das dir aus der Tiefe
entgegenschaut
und sagt
„Schau her. Ich bin
immer noch da.
Ich schwimme nicht nur kurz mal mit dem Schaum obenauf
und zerfalle dann zu Luft und
klebrig antrocknenden
Milcheiweiß- oder Milchalternativeneiweißresten
die sich schlecht abwaschen lassen.
Ich halte mich wacker
und schaukele leicht
zum Rhythmus deines Nachhausewegs.
Bis zum Schluss.
Bis du mich
dir ganz einverleibt hast
und dein Herz davon
an Tempo gewinnt
und dein müder Blick in die Welt
wieder wach geworden ist.
Und dann werden
meine letzten Tropfen
eine Welle sein.“

Viskose in Schwarzweiß

Es gibt Kleidungsstücke
die lieben dich.
Sie geben dir
was du dir schon immer gewünscht hast
und wozu du nach
all deinen Ausschweifungen
in anderen Textilien
zurückkehren wirst.
Versprochen. Du wirst heimkommen zu deinem abgetragenen grauen Wollpullover mit Stopfmalen.
So wie ich zu meiner
Viskose in Schwarzweiß.
Dem liebsten
aller Stoffe.
In Bali unter werweißwasfür Bedingungungen hergestellt.
Gekauft auf dem Kirchentag in Leipzig.
1995. Bei sengender Hitze.
Es gibt Kleidungsstücke
die dich lieben.
Sie wärmen und bergen dich.
Sie sind ein Teil deiner Haut.
Sie engen dich nicht ein
und machen dir keine Vorwürfe.
Sie tragen in Zuneigung und erhobenen Hauptes
die Löcher
die du ihnen unachtsam
in rauchender Gesellschaft
zugefügt hast.
Sie vergeben dir
wenn du sie mal für ein paar Jahre vergessen hast
um dann
zu allem bereit
mit Perwoll gewaschen
und schön wie am ersten Tag
ihr Faltenspiel um dich zu legen
und
eine Brücke zu schlagen in vergangene Zeit.
Sie lieben dich
und helfen dir
die Welt zu lieben.
Auch wenn sie brennt.

Im Netz

Heute ist mir
ganz schön viel ins Netz gegangen.
Und ich kann mich glücklich schätzen. Denn es ist Kaffee mit Kardamom und ein Lächeln dazu von meinem Baklava-Fachverkäufer mit dem Maurerdekoltee.
Es sind herrliche Aprikosen
die auf einer Tarte mit Lavendel ihre letzte Ruhe gefunden haben.
Es sind Eier und Dill und Mehl.
Und im Kühlschrank wartet immer noch eine Leberwurst
auf ihren Auftritt.
Aber den größten hat immer noch der Mond.
Voll und schön am Holzquartier.
So sichelig er in echt auch sein mag.
Er ist doch herrlich rund
wie ein Abend im August
unterm Schirm mit späterer Luftfahrt im Zazie.
Rund.
Rund unterm Pavillion an einem kühlen Geburtstagsabend im Oktober.
Rund.
Und doch nur halb.
So sind wohl manche Sachen.
Weil unsere Augen sie nicht sehen.

Christophe und Isabelle

Im Wolkenkuckucksheim
riecht es
nach Gras
und Rauch
und Linde
und Sommer.
Und Möglichkeiten nach einem Kinoabend.
Gurke UND Lavendel aber gibt es nichr. Das musst du dann schon selber machen. Und das ist ja auch gut. Sonst wird man ja übermütig von all der Urbanität.
Pommes und Currywurst im Kino reicht schon. Und Isabell Huppert. Alternde Diva als alternde Diva.
Und mein Herz schlägt Richtung LiWu. In die Stephanstraße. Wo es lange schon nicht mehr ist. Und doch trägt die Erinnerung dorthin.
Und ich denke an eine Freitreppe
die ich zweimal die Woche rauf und runter getragen wurde.
Für meine Liebe zum Kino
und zu Christophe.
Dem Allgegenwärtigen mit den grauen Schläfen.
Der ein Gedicht für mich geschrieben hat
das ich nie gelesen habe.
Und am August-Bebel-Platz 5
hängt eine Mistel und wartet
darauf
dass sich unter ihr geküsst wird.
Schütter und gelb. Denn jetzt ist Sommer.
Aber immerhin küssen sich Lavendel und Bergamotte darunter.
In Heides Brause.
Zweimal Süden. In Mitteldeutschland. Und das ist gar nicht so schlecht.

 

Wie’s ist

Engel verkaufen
macht nicht unbedingt glücklich.
Auch nicht in der zweiten Generation.
Auch nicht
umgeben von all der Strahlkraft
und dem erzgebirgischen Liebreiz.
Bedürftig wie später die kleinen Amseln im Olivenbaum des Delphi in der Barfüßerstraße
streckt die kleine Frau ihren Schnabel aus. Einmal angesprochen. So hungrig nach Gesehenwerden.
Auf ihrem historischen Fußboden steht sie und weint.
Abgewetztes Linoleum in Parkettoptik. Späte DDR. Wie in meinem ersten Klassenraum im Gartenhaus der Paul-Friedrich-Scheel-Schule.
Mit steifem Knie steht sie da
und ohne Arzttermin.
Trotz der hohen Krankenkassenbeiträge als Selbstständige.
Ein SONSTIGES Kind war sie
im Arbeiter-und-Bauern-Staat.
Nichts ist ihr geschenkt worden. Nie.
Und das
wo sie doch seit 1968 privat
und ohne HO
vor allem Geschenke verkauft.
„Das ist die Ungerechtigkeit
die dem Menschen
in die Wiege gelegt ist.“
Sagt sie.
Und
„Ich sag’s
wie es ist.“
Sagt sie.
Aber auch
„Schön
dass sie so eine nette Betreuung haben.“
Und hört und überhört
den Begriff Assistenz
wahrscheinlich zum ersten
und vielleicht nicht zum letzten Mal in ihrem Leben.
Ich sag’s
wie es ist.
Da können auch die Engel
offenbar
nichts machen.

Deine einzige Chance

Und dann pflückt jemand dein Herz.
In den frühen Morgenstunden
bevor die Sonne hoch steht.
Geht auf die Knie dafür.
Kappt sämtliche inferiore und superiore Venen
und die Aorta.
Spricht noch nicht mal
deine Sprache
und hält doch auf einmal
dein ganzes Leben
in der Hand.
Mit seinen Ein- und Ausgängen
und seiner Schlagkraft.
Erfasst
den Rhythmus deiner Zeit.
Ihren Anfang und ihr Ende.
Birgt sie in Gold und legt sie in weiten Raum.
Dass dir hören und sehen vergeht.
Und du dich fragst
was jetzt noch kommen soll.
Dass dir Angst wird.
Und du weißt
dass Vertrauen
deine einzige Chance ist.