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Analog

Überraschenderweise
lässt sich
auch mal was
ganz analog
ins Netz stellen
wobei es dann weniger um das Volumen von Daten
als viel mehr
um das des aufgrund deiner Stöberleidenschaft bei Henrys Umzüge und des Vorausschauenden Einkaufs zweier Kohlköpfe für die Klaushagener Durchhaltesuppe nebst einiger Flaschen reduzierten Muskatellers
und alles so schön im Genitiv
schon stark limitierte Volumen deines Gepäcks geht.
Da dann nicht den Überblick verlieren.
Im Netz. Auch in dem des Wofür und Woher und Mitwem
in dem du
dich aufspannst.
Gehalten und bewegt
von Verbindungen
zu deinen Lieben
aber auch
zu Momenten wie
dem mit dem Löffelfinden am Sund
in den Kliniktagen
als Bernardka deinen zukünftigen
Togomilchschaumauskratzlöffel den du für eine Muschel gehalten hattest
aus dem Sand zog.
Denn immer bewegt sich das Ganze wenn etwas im Netz
deiner Beziehungen
deiner Geschichten
dich bewegt.
Mit Sicherheit
verbunden.

 

Alleinsein

„Ich bin viel allein
aber das kennen Sie ja sicher“
Sprach Frau O.
vom Stockwerk drunter
und hatte keine Ahnung
wie schief sie lag.
Keine Ahnung
wie kostbar
jede Minute alleinsein sein kann
für eine wie mich.
Mal unbezogen
wie ein Bett ohne Besuch
auslüften
ungeglättet.
Mal nur mit sich
in den eigenen vier Wänden
des eigenen Geistes.
Mal ein Schweigen.
Mal kein Gegenüber.
Mal höchstens
am Weg gepflückte Assistenz
ohne Vertrag
aber im Vertrauen
der Welt
Extrawürste noch und nöcher
zuzumuten:
Handy hoch
Kleid aus dem Rad
Buch aus dem Rucksack
und den Restschluck aus dem Glas an den Hals gesetzt.
Und die Puschkinorampe hoch
mit 45° Steigung.
Halsundbeinbruch anheim gestellt.
Und Freundlichkeit wie Irritation
pflückst du mit
als Beikraut.
Für den Preis der Freiheit.
Ein Glück.
Dass Sommer ist.
Und die Hand mitmacht.
Und die Seele
beim Angstlernen gefehlt hat.

Madame Estate

Im Altweiberlicht
eines Sommers
der zu Ende geht
was du weißt aber nicht glaubst
weil die alte Madame Estate
noch mal so richtig alles auffährt
was geht
und was sie
ganz getrost nebeneinander stellt
nämlich beispielsweise eine unerträglich drückende Wärme
von der du aber dann doch gar nicht genug bekommst
weil nichts schöner ist
als die abendliche Kühle am Fluss
solcher Tage
und du außerdem weißt
um Frost und Kälte und Eiswälle auf dem Trottoir
oder die herzzerreißende Schar
fortgeschrittenen Alters
die Platz nimmt
auf dem Rollator
aber auch gern mal
rüstig auf dem Rasen
immer mittwochs um 17:00 Uhr auf der Würfelwiese
ein bisschen schütter und sehr frohgemut
zum Singen
und dazwischen ein Kind
das sich lauthals
Nummer 63 wünscht:
Im Märzen der Bauer
und dir die Tränen kommen
bei
Es dunkelt schon in der Heide
und
Ännchen von Tharau
weil du auf einmal im Reinmuthschen Wohnzimmer sitzt
1995
und deine Liebe sich erneut verknotigt mit ihnen dort
und du doch hier umgeben bist
von einem Seniorentreff
der dir ins Herz fällt
in diesem Licht also
entspinnt sich
zäher und tragfähiger als du denkst
anhänglich und schwer wieder los zu kriegen
die Verbindung
zwischen den Enden deines Lebens.
Und du wirst erfahren
dass es sich prächtig
darauf tanzen lässt.

Der Zipfelvom Saum des Mantels

So deutlich manchmal
schaut die Welt von nebenan
hinein in deine.
Mit großen Augen
in denen Karussell fährt
was du in ihnen siehst.
Einen Teil deines Lebens.
Dass du so gut kennst und gar nicht.
Die Gegenwart des Unsichtbaren.
An dem du nicht mehr vorbeischauen kannst.
Das Wesen der Dinge.
Und die Wesen in den Dingen.
Engel
Dämonen
und Gute Geister.
In den Schlafaugen im Dach der Burg.
Im Schlüssellochmund mit Klinkennase.
In der Mönchsgestalt im Schirm auf dem Dach.
Alles spricht von Umgebensein.
Und vom Trost eines Ahnens
dass sieht und erkennt
dass das
was du siehst
höchstens
der Zipfel
vom Saum
des Mantels
dessen ist
der dich anschaut.

Tschirp

Und auch wenn du denkst
du hast
einen richtig großen Vogel
einen ausgewachsenen
einen
der herumstolziert
sich aufplustert
und mit den Flügeln schlägt
immer da
wo du zu viel verlangt findest
was dir abverlangt wird
und wo zugleich
ein Teil von dir
zu sich selber sagt
stelldichnichtsoan
und
sich wünscht
es wäre doch im Süden geblieben
das blöde Federvieh
oder schon als Ei
vom Baum gefallen
statt dir auf der Schulter zu hocken
und in deinen Haaren
Nester zu bauen
kannst du doch
schau her
über ihm
in deinen Himmel gespiegelt
sehen
was du nicht begreifst:
Dass sich da jemand
ein Herz nimmt
um diesen Vogel
lieb zu haben.
Und wo du
ein Krächzen erwartet hast
Mark erschütternd
fordernd und rauh
macht es nur leise
und gar nicht so unzufrieden
tschirp.

 

Näfesh

Wenn der Ausweg
zum Eingang wird
und dich auf eine andere Ebene
zum frischen Wasser
führt.
Wo sich deine Seele
erquickt
an der Quelle.
Unvergällt.
Unerschöpft.
Klar und kühl.
Bedingungslos
im Fluss.
Lebendig aus dem Stein
an dem du dich verbissen hast
hervor gesprungen.
Wo du an den Ufern gesessen
und geweint hast.
Wo deine Klage
noch Hall hat
im Raum
steigt ein Gloria
hinauf
aus der Flut
bis hinter deine Kehle
wo wohnt
Der dich hört
und spricht:
Ich habe Gefallen
an der Liebe
und nicht
am Opfer.

Heide-Sophie

Auf den Wellen jedweden Meeres
tanzt du
singend
und im Sopran
die Treppen hinauf
zum Ausblick auf dein Wohin
zwischen den Verwertungsoptionen
des heimatlichen Beerengartens
und all dessen
was dir in den Weg wächst
und
sich nach Wertschätzung sehnt.
Und sie bekommt
oft
im Blick auf dein Woher.
Aber auch deines Jetzt
das so leicht scheint
und das gewiss
auch ganz schön schwer ist.
Zu allem fällt dir
ein Lied ein
und manchmal auch
ein Schwein
ins Wasser.
Ganz heimlich still und leise.
Denn Gottseidank
hast du nicht nur all die Ideen protestantischer Schuld
sondern auch die von Befreiung und despektierlichen Reden
faustdick hinter den Ohren.
Mit Scharfsinn und so schönen
klugen Gedanken.
Darum bau dein Haus besser
auf den festen Stein
der Verbindung
von Frage und Widerspruch.
Von Heimat und Vertriebensein.
Von Hunger und Vertrauen.
Von Liebe und Enge und der Freiheit der Gestaltung.
Von Bleiben und Gehen und von Mensch zu Mensch.
Denn es tanzt sich leichter
in Ihrem Garten.
Auch wenn der Abgrund
immer
nur einen Fuß breit entfernt liegt.
Aber am Ende
birgt dich das Meer.
Auf oder unter
seinen Wellen.
Als Eisbärin.

Kartoffelbovist

Und dann denkst du
Dollarzeichen in den Augen:
Trüffel.
Am Gartenzaun ausgegraben.
Im Abendfrieden.
Mit großer Perspektive
am Horizont deiner frohen Zukunft
Und du hast schon überlegt
wo sich ein Schwein auftreiben lässt
in deiner neuen Eigenschaft als Hausundhoflieferantin schwarzen Goldes.
Saisonal
regional
frisch
und gut bezahlt in Bar.
Für das marode Laubendach
und ein bisschen Spielraum.
Die Parzelle fremdes Zuhause in der neuen Heimat
von der dein Herz
mehr versteht
als dein Ohr.
In das du Liebe auszugießen bereit bist. Kannenweise.
Und wo es so schön wäre
auch mal zu ernten.
Und dann ist es doch nur
Kartoffelbovist.
Ungenießbar. Leicht giftig sogar.
Vielleicht
wie die Hoffnung auf
schnelles Geld
ohne deren Erfüllung
du zwangsläufig
der bessere Mensch bleibst.

Nicht immer Kintsugi

Ohne Verletzungen
ist es nicht zu haben
das Leben
wenn das nicht sowieso
ein Irrtum ist
wie alles Besitzenwollen.
Aber auch
ein geliehenes
Gefäß
trägt Schläge und Brüche und Sprünge
davon
dass du gelebt hast
geliebt und genossen und gelitten und da gewesen bist wie keine andere.
Davon stirbst du nicht. Sagen sie schon während du noch in Scherben liegst.
Aber Schmerz bleibt Schmerz.
Und nicht immer vergolden sich deine Unwetternarben in ein Kintsugi.
Aber doch scheint durch sie
dein Wesentliches.
Dein Geschöpfliches.
Verletzlich.
Versehrt.
Und in der Kraft zu werden
wer du bist.

 

Muttersprache

Wasserwarm
würde meine wortschlaue und tatenkluge Mutter
die schöne Anke Helene
und dann ja auch noch Charlotte
wie soll man denn da nicht bipolar werden
jedenfalls die mit der schönen Handschrift
und den Inselbegabungen in Archipelstärke
also die
die durch die Wolken wandert und sich darum damit auskennt
die nämlich würde sagen
Wasserwarm.
Wasserwarm
klebt die Luft am Leib.
Wasserwarm quält ein humider Brei sich die Trachea hinunter.
Wasserwarm steht Schweiß auf Stirnen und lechzt nach Verdunstungskälte.
Aber viel wärmer als Wasser
und vor allem viel dicker
klopft das Blut im Herzen
beim Hinüberdenken
und im Aufimmerundewigverbundensein
mit deiner Muttersprache.